Demokratie machen: Mischt euch ein in den politischen Diskurs!
Eine Nachlese zur großen Geburtstagsfeier
Demokratie machen: Ein Aufforderung an Gruppendynamiker/innen?
Im Dezember 2018 hat die Deutsche Gesellschaft für Gruppendynamik unter dem Motto „Eine Lange Nacht der Demokratie“ ihren 50. Geburtstag gefeiert. Dabei wurde an die Wurzeln der deutschen Gruppendynamik erinnert - an ihre Gründung als Fachverband, der, auf den gruppen- und organisationspsychologischen Arbeiten Kurt Lewins aufbauend, immer auch einen politischen Anspruch hatte. Insbesondere im ersten Gründungsjahrzehnt verstand sich die deutsche Gruppendynamik als ein Ort, an dem demokratische Prozesse gelernt werden können und die Kompetenzen erworben werden können, die für gesellschaftliche Mitbestimmung unumgänglich sind. Die Frage der politischen und emanzipatorischen Relevanz gruppendynamischer Arbeit hat die DGGO all die Jahre begleitet – bspw. 2010 in der Fachtagung „Kann Solidarität unsere Zukunft retten?“.
Die lange Nacht der Demokratie zum 50. Geburtstag der organisierten deutschen Gruppendynamik begann mit einer anregenden und auffordernden Keynote-Speech von Prof. Dr. Claus Leggewie. Deutlicher als der Politikwissenschaftler Leggewie in seinem Vortrag kann man kaum werden, als er die Symptome der Demokratiekrise nachzeichnete. Aber er stellte auch seinen (höchst gruppendynamischen) Lösungsentwurf vor: Beteiligung im Sinne von rechtlich verankerten, politisch fest beauftragten, langfristigen Zukunftsräten. Diese Zukunftsräte sind fest und langfristig installierte Gruppen, die aus zufällig und repräsentativ ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern gebildet werden. Sie werden nicht nur befragt, wie in vielen anderen Beteiligungskonzepten, sondern sie arbeiten gemeinsam an komplexen politischen Themen. Im Anschluss an einen gemeinsamen Lern- und Diskussionsprozess entwickeln sie eine Position, die sie in die parlamentarische Diskussion einbringen.
Claus Leggewie machte deutlich, warum er sich, als gefragter Redner, die Zeit nahm, bei der DGGO zu sprechen: weil Demokratie Orte für Diskurs, Verständigung, Dialog und gemeinsames Lernen braucht und er sich fragt, ob die DGGO nicht ein / der Fachverband ist für Menschen, die solche Prozesse gestalten können.
Demokratie machen: Eine Aufforderung an Gruppendynamiker/innen.
Die Diskussionen während der Langen Nacht der Demokratie in Frankfurt sowie die Beiträge in dem zum 50. Geburtstag von F. Stähler und M. Stützle-Hebel herausgegebenen Buch „Demokratie machen“ haben eines deutlich gemacht:
Gruppendynamische Methoden und Kompetenzen werden gebraucht, wenn es darum geht, Verantwortung für sich, für andere und für das gesellschaftliche Ganze zu übernehmen.
Gebraucht wird unser Wissen und unsere Erfahrung, wie man
- komplexe Lernprozesse steuert,
- Gruppen begleitet und befähigt, Themen zu diskutieren und sich zu erarbeiten,
- Interessen auszuhandelt,
- sich positioniert,
- Unterschiede sichtbar macht und über Unterschiede ins Gespräch kommt,
- Konflikte verstehen und bearbeiten kann,
- Entscheidungsprozesse gestaltet.
Claus Leggewie sagte den Teilnehmer/innen zum Abschied: „Sie brauchen sich nicht zu fragen, wo und wie Sie sich außerhalb Ihrer gruppendynamischen Tätigkeiten politisch engagieren sollen. Das, was Sie tun, wird politisch gebraucht. Mischen Sie sich mit Ihrer Fachlichkeit ein.“
Und so endete der Abend im Bus zu den Hotels mit Diskussionen, wo die Orte sind, um gesellschaftliche Diskurse zu führen und anzustoßen und wie die nächsten Schritte aussehen, sich einzubringen und mit „Demokratie zumachen“.
München im März 2019
Babette Brinkmann
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